Wie trainiere ich Soft Skills?

Die Entwicklung von Soft Skills ähnelt der Entwicklung von persönlichen Gewohnheiten. In beiden Fällen geht es immer wieder darum, mehr oder weniger liebgewonnene Verhaltensweisen und Überzeugungen zu hinterfragen, anzupassen oder komplett neu aufzubauen. Und im Gegensatz zu Hard Skills, Fachwissen oder technischen Fähigkeiten reicht es bei Soft Skills nicht aus, ein bestimmtes Vorgehen zu verstehen und dann anzuwenden. Aber wie lassen sich Soft Skills trainieren?

Vor allem müssen wir ein Bewusstsein für unser Verhalten entwickeln, wir müssen die Auswirkungen auf uns und unsere Umwelt wahrnehmen und verstehen – und den Willen haben, etwas zu ändern. Danach braucht es Übung und Zeit.

Soft Skills werden mit Hilfe anderer erworben

Ein Großteil unseres Verhaltens läuft unbewusst und ungesteuert ab. Zudem fehlen uns Messinstrumente für die Wirkung, die unser Verhalten auf andere hat. Selbst wenn wir Spannungen in einer Beziehung spüren, fällt es uns meist schwer, die Mechanismen dahinter zu entschlüsseln.

Sozio-kognitive Konflikte

Unsere bisherigen Erfahrungen – gute und schmerzhafte – prägen uns. Was in der einen Situation wahr ist, kann in einem anderen Kontext durchaus falsch sein. In Maßen können wir unser Auftreten und Verhalten variieren, wenn wir mit unterschiedlichen Menschen und ihren Erfahrungen konfrontiert werden. Aber zwischenmenschliche Situationen, die mit bisherigen Gewissheiten nicht übereinstimmen, irritieren und verunsichern uns. Das nennen wir sozio-kognitive Konflikte, weil sie das, was wir für unveränderlich hielten, in uns aufrütteln. Dieser sozio-kognitive Konflikt ist besonders stark, wenn er tiefe Überzeugungen betrifft. In der Tat zeigen wir uns dann wenig flexibel, beharren unbewusst auf Verhaltensweisen oder verstärken sie sogar.

Auswirkungen sozio-kognitiver Konflikte

Ein erstes Beispiel: Wenn ich glaube, dass Person X eigentlich nicht zu trauen ist, dann bin ich schon vorab überzeugt, dass unser Gespräch schlecht verlaufen wird. Ich denke, diese Person wird versuchen, mich auszutricksen. Entsprechend unnachgiebig bin ich und mache keine Zugeständnisse. Dadurch wächst die Spannung weiter an und schließlich gehen wir ohne Einigung auseinander. Die Folge: Person X wird mich übergehen, um sein Ziel zu erreichen – und ich fühle mich in meinem Glauben bestärkt: "Dem ist nicht zu vertrauen".

Ein weiteres Beispiel: Wir alle haben unterschiedliche Persönlichkeitstypen und Charaktere. Aber in der Zusammenarbeit setzen wir unseren Typus gerne als Maßstab und neigen dazu, mit anderen so zu arbeiten, wie wir möchten, dass sie mit uns zusammenarbeiten. Das ist aber nicht unbedingt effektiv. Stattdessen kann es zu subtilen und schwer greifbaren Spannungen führen. Fatalerweise können wir daraus schließen, dass unser Gegenüber ein Problem hat, wenn er oder sie andere Bedürfnisse in der Zusammenarbeit hat.

Um voranzukommen, brauchen wir daher aufrichtiges, aber sachbezogenes und wohlwollendes Feedback – wechselseitig. In einem geschützten Umfeld ohne persönliches Risiko. Dann können wir loslassen und uns anderen Perspektiven, Standpunkten und Kommunikationsweisen öffnen. Wir versetzen uns so in die Lage, neue Praktiken zu testen und ihre Wirksamkeit zu erkennen – immer dank des Feedbacks anderer.

Soft Skills werden durch Üben erworben

Über das notwendige Bewusstsein hinaus braucht es Zeit, Gewohnheiten (und soziale Fähigkeiten) zu ändern. Zwischen 30 und 60 Tage oder mehr, aber mindestens 60 Wiederholungen derselben "Geste" – sagen Experten der Neurowissenschaften. Denn wir beherrschen Soft Skills nicht, weil wir die Prinzipien der guten Praxis intellektuell begreifen, sondern weil wir sie in der Praxis eingeübt haben.

Ein alltägliches Beispiel ist unser E-Mail-Management: Viele Menschen, die sich gerade in unseren Trainings befinden oder unsere Fachartikel lesen, wissen, dass es eine gute Effektivitätsstrategie ist, E-Mails erst um 11 Uhr abzurufen – anstatt zum morgendlichen Arbeitsbeginn. Aber unsere Gewohnheiten sind hartnäckige Begleiter (Raucher können das bestätigen!). Reflexartig möchten viele von uns ihr Postfach schon am ersten Umgewöhnungstag gleich um 9 Uhr öffnen. Und vielleicht verursacht es ein schlechtes Gewissen, die Prioritäten so ineffizient zu setzen – aber das hält uns kaum davon ab, den Inhalt der Mailbox zu erforschen.

In diesem Fall helfen ein paar freundliche Erinnerungen – und viel Selbstdisziplin. Bis wir den Punkt erreichen, an dem wir eine neue Gewohnheit verinnerlichen und sie sich selbst verstärkt, weil wir ihre positiven Effekte erleben. Mit Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten gelingt es in dieser Phase deutlich leichter, die neue Gewohnheit in den Alltag zu integrieren.

Manchmal geht es vor allem darum, uns Ängste zu nehmen. Wie in einem zweiten Beispiel aus dem Bereich der beruflichen Effizienz: Wenn uns ein Kollege um Hilfe bittet, ist es sinnvoll, diesen Termin zu verschieben, wenn wir selbst aktuell eine Aufgabe mit hoher Priorität bearbeiten. Ja, aber unser soziales Gewissen könnten in Panik geraten: "Was wird er von mir denken? Er wird denken, dass ich egoistisch bin." Die Angst, von unseren Kollegen nicht mehr geschätzt zu werden, ist ein guter Anlass, kontinuierlich an unseren Prioritäten zu arbeiten.

Auch hier wird es Zeit brauchen, die gute Praxis zu verinnerlichen. Bis dahin bieten sich viele Möglichkeiten, die neuen Handlungsoptionen zu testen. Wenn wir unsere „Tests“ mit einem Kollegen beginnen, der etwas hitzköpfig ist, wird unsere tiefsitzende Angst vor Problemen nur verstärkt. Es ist daher besser, mit wohlwollenden Kollegen zu beginnen – und so zu erkennen, dass sie uns überhaupt nicht böse sind. Im Gegenteil, wenn wir uns ihnen um 14.00 Uhr um so länger und intensiver widmen, sind sie begeistert! Und falls Sie irgendwelche Zweifel haben, warum bitten Sie sie nicht um Feedback?

Soft Skills werden zum richtigen Zeitpunkt erworben

Sollten wir mit unserem Skill-Training warten, bis wir „bereit“ sind oder einen akuten Bedarf haben? Sicherlich nicht.

Denn Soft Skills zu entwickeln, ist ein fortlaufender Prozess aus aufeinander aufbauenden Schritten. Einige Konzepte erwerben wir nur, wenn wir sie mit einer gelebten Erfahrung verknüpfen. Andere beginnen schon unsere persönliche Entwicklung zu beeinflussen, sobald wir bestimmte „Türen“ unseres Bewusstseins geöffnet haben.

Manchmal keimt der Samen einer (Jahre zuvor gepflanzten) Fähigkeit, sobald wir ihn brauchen. Das Training von Soft Skills kann vorzeitig beginnen, der vollständige Erwerb der Fertigkeiten folgt dann, wenn sie für uns in der Praxis nützlich sind. Wir lernen situativ: Wenn wir dieselbe Ausbildung im Abstand von mehreren Jahren besuchen würden, würden wir wahrscheinlich nicht dieselben Erkenntnisse daraus gewinnen. In der Zwischenzeit wären bestimmte Vorstellungen in uns gereift, wir hätten andere Gewohnheiten entwickelt und andere Erfahrungen gemacht.

Ganz gleich, welchen Weg wir einschlagen, der Erwerb von Soft Skills verläuft exponentiell: Indem wir uns selbst, unsere Ängste, Bedürfnisse und unser Verhalten besser wahrnehmen und begreifen, profitieren wir stärker von neuen Konzepten, die uns zur Verfügung stehen. Und es gelingt uns, diese erfolgreich in die Praxis umzusetzen. Zudem steigert die persönliche Entwicklung unser Selbstvertrauen. Mit jeder gewonnenen Erfahrung zweifeln wir weniger an unserer Fähigkeit, unsere Gewohnheiten zu ändern.

Sich von einschränkenden Überzeugungen befreien

Was ist, wenn wir kein Bedürfnis verspüren, unsere Soft Skills zu schulen? Vielleicht liegt es daran, dass wir in eingeschränkten Überzeugungen gefangen sind. Wir können auf ein Ereignis warten, das uns zwingt, die Grenzen zu verschieben. Eine Situation, in der sich unsere alten Gewohnheiten als so unwirksam erweisen, dass die Probleme unlösbar erscheinen. Wir können aber auch die Initiative ergreifen und um freundliche, aufrichtige Rückmeldung von Menschen bitten, denen wir vertrauen. Ein guter Start dafür sind ein paar gezielte Fragen: „Was waren in dieser speziellen Situation meine Stärken? Was kann ich verbessern, um effektiver zu sein?“ Damit pflanzen wir den Samen, der uns zum richtigen Zeitpunkt nützlich sein wird.

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